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Ein sehr persönlicher Fall für Liv Jensen

 In ihrem Roman "Schwelbrand" lässt Katrine Engberg ihre Kopenhagener Privatdetektivin Liv Jensen ihren persönlichsten Fall erleben.  Jensens neuester Klient, ein ehemaliger Rechtsanwalt, wird ermordet - und sie findet heraus, dass er ein alter Bekannter ihres geliebten Großvaters war. Hat der Jahrzehnte zurückliegende Tod des drogensüchtigen Sohnes des damaligen Generalstaatsanwalts in der Freistadt Christiana etwas mit dem Mord zu tun?  Denn damals lebte der Anwalt in Christiana, gehörte dem sogenannten Rat an, der eine Art interne Rechtsprechung übte. Ihr Großvater, dem sie später in den Polizeiberuf folgte, ermittelte in der Angelegenheit - und die Witwe seines damaligen Partners macht Andeutungen, die den Ruf des Großvaters trüben könnten. Zudem ahnt Jensen, dass in ihrer Kindheit etwas in Christiana geschehen sein könnte, als sie dort einige Tage mit ihrem Opa verbrachte. Etwas Belastendes, das sie verdrängte - doch allein beim Gedanken an Christiana fühlt sie sich ...

Gefühliger Finnlandkrimi

  Die Finnland-Krimis, die ich bisher kennengelernt habe, fallen entweder durch eine gewisse Kauzigkeit der Charaktere oder eine Noir-Stimmung auf. "Gerächt sein sollst du" von Kaisu Tuokko fällt in keine der beiden Kategorien, sondern versucht eine gewisse hyggelige Gefühligkeit einfließen zu lassen, die mich nicht wirklich überzeugt hat. Journalistin Eevi erfährt vom Fund einer Leiche und eilt zu den Klippen des idyllischen Küstenorts Kristinestad. Die Ermittlungen um den Tod des 17-jährigen Jonas leitet ausgerechnet ihr Jugendfreund und erste Liebe Mats, der in seinem alten Heimatort eigentlich nur ein paar Tage ausspannen sollte (bin mir nicht sicher, wie realistisch das sein soll, dass ein Polizist auf Urlaub mal eben die Ermittlungen übernimmt). Jonas was ein Eigenbrötler ohne echte Freunde, wurde gemobbt. War es Selbstmord? Seine Mutter schließt das aus. Dann tauchen schwere Vorwürfe gegen den Jugendlichen auf. Sowohl Eevi als auch Mats begeben sich auf Wahrheitssuche,...

Parlamentswahl unter Terror-Gefahr

 Mit "Echokammer" hat der norwegische Autor Ingar Johnsrud einen Polizei- und Politikthriller von beklemmender Aktualität geschrieben. Der Auftakt einer Reihe um die Ermittler Liselott Benjamin und Martin Tong ist vielverprechend und macht neugierig auf mehr. Dabei liegt Johnsrud in der Tradition von Scandinavia noir mit gesellschaftskritischen Zügen. Und die Themen des spannenden Thrillers klingen auch hierzulande nur zu vertraut. Es ist Wahlkampf in Norwegen und die traditionsreiche Arbeiterpartei will sich die Regierungsmehrheit zurückholen. Die ehrgeizige Vizechefin der Partei und designierte Justizministerin im Fall eines Wahlsiegs forciert das Thema Migration, versucht Stimmen vom rechten Rand zurückzugewinnen, indem sie dessen Parolen übernimmt: etwa Abschiebungen und Aberkennung der Staatsbürgerschaft bei kriminellen Norwegern, deren familiäre Wurzeln im Ausland liegen.  Ihr juristischer Berater Jens Meidell, bislang Polizeijurist und Spross einer einflussreichen Poli...

Ein ungewöhnliches Ermittlerpaar

 Mit dem Titel "Schmerz" hat Jon Atli Jonasson schon einiges vorweggenommen, denn sein ungewöhnliches Ermittlerpaar bei der Polizei Reykjavik muss sich mit reichlich seelischem und körperlichen Schmerz auseinandersetzen. Als Team sind sie eine Art Schicksalsgemeinschaft - zusammengekommen, weil andere Probleme haben, mit ihnen zu arbeiten. Zwei Menschen, die einander zunächst sehr fremd sind und erst mit ihren ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten zueinander finden müssen. Da ist Dora: Ein Routineeinsatz endete tragisch, seitdem hat sie die Reste einer Kugel im Kopf und ist nicht mehr die, die sie einmal war. Eigentlich ein Fall für Frühpensionierung, doch ihr ehemaliger Partner, der inzwischen Karriere gemacht hat, hält sie im Polizeidienst - ohne Außeneinsätze, sie soll alte Fälle überprüfen, denn ihr fallen Dinge auf, die andere übersehen. Rado ist ganz anders: Sohn von Einwanderern aus Ex-Jugoslawien, dessen Familie während des Bürgerkriegs nach Island flüchten konnte. ...

Familienclan mit Geheimnissen

  Eva Björg Aegisdottir hat bisher drei Romane um die Ermittlerin Elma in Akranes geschrieben, die einen Hang hat, sich mit wenig durchdachten Alleingängen in Gefahr zu bringen. Auch ihr Buch "Verlassen" führt in die westisländische Region. Doch das Ermittlerteam von Akranes ist in diesem Fall eher eine Randnotiz. Man kann das Buch auch als Prequel zur Reihe verstehen. Stattdessen zeichnet Aegisdottir das Bild eines schwerreichen Familienclans, der sich in einem chicen Hotel am Gletscherfeld versammelt, um den Urahn und Gründer des Familienunternehmens zu feiern. Schnell zeigt sich: Geld allein macht nicht glücklich. Und es ist einiges dran an dem Spruch über Gründergenerationen und ihre Erben: Die ersten bauen auf, die zweiten mehren den Reichtum, aber die dritte Generation genießt den Luxus deutlich mehr als die Aussicht aufs Arbeiten. Das ist auch in dieser Familie teilweise der Fall.  Alte Konflikte und Eifersüchteleien brechen auf, zusätzlich befeuert von reichlich Alkoh...

Justizirrtum oder überführte Mörderin? Harinder Singh auf den Spuren eines alten Falls

 Eigentlich ist Harinder Singh von der norwegischen Polizei noch krankgeschrieben, um eine Schussverletzung auszukurieren. Und er hat auch gar keine Lust, wieder einmal bei seinem Vorgesetzten anzuecken, indem er sich einen 20 Jahre alten Fall vornimmt, in dem dieser einst ermittelt hat. Der Mann ist schließlich für seine Gründlichkeit bekannt, und die Strafverteidigerin, die Singh bittet, sich die alten Akten noch einmal anzusehen, steht schließlich auf der "anderen Seite". Doch ganz kann Singh in "Schuld" von Sven Peter Naess seine Neugier dann doch nicht bezähmen - und stößt prompt auf eine Auffälligkeit, die ihn an der Schuld der wegen Doppelmordes verurteilten Helene  zweifeln lässt. Helene hat ihr halbes Leben im Gefängnis verbracht, ist nun vorzeitig entlassen worden und in ihren alten Heimatort zurückgekehrt, in dem auch Singh aufgewachsen ist. Beide gingen sogar auf dieselbe Schule, hatten aber nicht viel miteinander zu tun. Helene war schon als Teenager sc...

Horror bei Ufo-Gunnar

 Es ist gewissermaßen ein nahtloser Übergang, den Anders de la Motte in seinem Polizeithriller "Eisiges Glas" vollzieht. Der Prolog ist zugleich der Abschluss des Vorgängerromans "Stille Falle" um die bei einem Prepper aufgewachsene Polizistin Leonore Asker und ihren nerdigen Jugendfreund und urban Explorer Martin Hill. Der vorangegangene Fall um einen Serienmörder hat beide an Grenzen geführt - und in "Eisiges Eis" haben die ungleichen Freunde keine Zeit, wirklich zu entspannen. Dabei dachte Martin, der Auftrag, eine Biographie des Unternehmers Gunnar zu schreiben, sei ein harmloser Zeitvertreib, während er seine Schussverletzung vom vorangegangenen Fall auskuriert. Denn "UFO-Gunnar" ist eine schillernde Figur - vor Jahren berichtete er über seine Erfindungen im medizintechnischen Bereich, sie seien ihm von Außerirdischen mitgeteilt worden. Zudem gehört zu dem Anwesen des Unternehmers eine Insel mit einem verlassenen Observatorium, das Martin nu...