Posts

Die vermisste Schwester

 Nachdem ich vor kurzem "Blutrot", den zweiten Band der isländischen Autorin Lilja Sigurdadottir über die Finanzermittlerin Arora auf der Suche nach der Leiche ihrer Schwester gelesen hatte, war meine Neugier geweckt: Wie hatte sich das alles entwickelt. Darauf gibt mir "Höllenkalt", der erste Band, der bereits im vergangenen Jahr erschien, die Antwort.  Das Buch ist auch gut, um die komplexen Familienbeziehungen und gerade das Verhältnis der Schwestern untereinander zu verstehen und auch ein besseres Bild von Arora zu gewinnen. Die Triologie - ich bin schon jetzt gespannt auf den dritten Band! - in der richtigen Reihenfolge zu lesen, ist auf jeden Fall ratsam. Arora ist eher widerwillig und auf Druck ihrer Mutter nach Island gereist, um dort nach dem Verbleib ihrer Schwester Isafold zu forschen. Arora wurde von ihrem verstorbenen isländischen Vater zwar als das "Trollmädchen" bezeichnet, weil bei ihr die Wikingergene durchkamen, doch eigentlich identifizi

Vermisstenfall mit vielen Wendungen

Der isländische Unternehmer Flossi ist ein Familienmensch, deshalb reagiert er erschüttert, als er nach Hause  kommt, die Küche in Aufruhr findet sowie ein Erpresserschreiben: Seine Frau Gudrun sei entführt, gegen ein Lösegeld von zwei Millionen Euro wird sie freigelassen - vorausgesetzt, Flossi lässt die Polizei außen vor.  Auch wenn die Leidenschaft in der Ehe kalt geworden ist - Flossi zögert nicht und kontaktiert sofort seinen Steuerberater in Großbritannien, um das Geld locker zu machen. Der allerdings schickt erst einmal seine freie Mitarbeiterin Arora zu Flossi, eine Finanzermittlerin, die auf Island nach der Leiche ihrer vermutlich ermordeten Schwester sucht. Damit beginnt der Roman "Blutrot" von  Lilja Sigurdadottir schon einmal dramatisch - und es bleibt spannend. Ich kannte die Autorin bereits mit ihrer vorangegangenen Rejkjvik Noir Serie. Arora, die Hauptfigur der zweiten Triologie, war mir bisher unbekannt. Dass ich der ersten Band dieser Reihe nicht gelesen habe

Wahn, Obsession und eine toxische Beziehung

 Die große Weite des Winters am finnischen Polarkreis und eine klaustrophobische Stimmung müssen einander nicht ausschließen - das zeigt auch Terhi Kokkonnen mit dem Roman "Arctic Mirage" über ein Paar, das nach einem Unfall in einem Luxushotel landet. Eigentlich sollen Karo und Risto nur eine Nacht ausschlafen, um sicher zu gehen, dass die leichten Blessuren nicht doch schlimmer sind als sie zunächst erscheinen. Doch mit jedem Tag, den sie bleiben, scheint die Stimmung düsterer und paranoider zu werden. Warum hat Karo völlig andere Erinnerungen an den Unfalll als Risto? War tatsächlich ein anderes Fahrzeug beteiligt, oder hat es nur in Karos Einbildung existiert? Ohnehin muss sich Karo fragen, wie weit sie ihrer Wahrnehmung trauen kann. Verschwinden tatsächlich Dinge, oder lässt ihr Gedächtnis sie im Stich? Leidet sie unter psychischen Problemen, oder versucht jemand, sie buchstäblich in den Wahn zu treiben? Wer manipuliert wen?  Toxische Beziehungen gibt es in diesem Roman,

Der Tote im Feuer

 Mit "Verborgen" lässt die isländische Kriminalschriftstellerin Eva Björg Aegisdottir ihre Polizistin Elma bereits zum dritten Mal in der Kleinstadt Akranes ermitteln.  Diesmal geht es um einen Brand, bei dem ein junger Mann ums Leben kommt. Wie sich herausstellt, war er zum Zeitpunkt des Feuers bereits tot - und sein Laptop weist einen Suchverlauf auf, der Fragen aufwirft: Gibt es noch ein weiteres Verbrechen? Und war der junge Mann darin verwickelt, war er Mitwisser oder hat er etwas gesehen, was ihn das Leben kostete? Während in den Vorgängerbänden das soziale Umfeld Elmas und ihre Kollegen eine größere Rolle spielten, bleiben sie in diesem Buch eher blass, nur Elmas Eltern und ihre Schwester tauchen wieder regelmäßig auf. Einmal mehr entpuppt sich die scheinbar heile Welt in der Kleinstadt als falsches Idyll - so mancher hat was zu verbergen. Im Vergleich zu den vorangegangenen Bänden fällt "Verborgen" ab und kommt erst nach und nach in Gang. Dennoch sorgt Aegis

Ermittlung im Lost Place

 Leonora Asker, die Protagonistin von Anders de la Mottes "Stille Falle" könnte in mancher Hinsicht eine Verwandte von Lisbeth Salander aus der "Milleniums"-Reihe sein. Zwar hat sie kein Asberger Syndrom und ist auch keine Hackerin, sondern Polizistin, aber auch sie ist geprägt  von einer Kindheit, die nicht gerade schwedischem Durchschnitt gehört und einer dysfunktionalen Familie. Und sie verfügt über erstaunliche Überlebenstechniken, die sie ihrem Prepper-Vater zu verdanken hat. Leos Aufstieg in der Abteilung für Kapitalverbrechen wird jäh gebremst, als ein ehemaliger Vorgesetzter - und Ex-Lover - aus Stockholm zurückkehrt. Er übernimmt die Ermittlungen in einem Vermisstenfall um eine Unternehmertochter, der eigentlich Leos gewesen wäre. Statt dessen landet die Ermittlerin als vorläufige Abteilungsleiterin im "Dezernat für hoffnungslose Fälle". Ziemlich hoffnungslos, zumindest aber seltsam, erscheinen ihr die neuen Kollegen, die eher sinnlose Selbstbesch

Cold Case um ein vermisstes Mädchen

 Bill Clinton hat es getan, Ehefrau Hillary ebenfalls - und nun auch Katrin Jakobsdottir, die isländische Ministerpräsidentin: zusammen mit einem befreundeten Schriftsteller einen Kriminalroman geschrieben. Wobei im Fall von Jakobsdottir noch dazu kommt dass sie, im Gegensatz zu den Clintons, weiterhin amtierende Regierungschefin ist und nicht den Ruhestand zwischen Redeauftritten mit kreativem Schreiben würzt. Den Erstling "Reykjavik", der in den 1980-er Jahren während des Gipfeltreffens von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow spielt, hat Jakobsdottir mit dem befreundeten Schriftsteller Ragnar Jonasson geschrieben. Es geht aber nicht etwa um den Kalten Krieg, sondern um einen Cold Case: Seit 30 Jahren ist die damals 15 Jahre alte Lara spurlos verschwunden. Sie arbeitete als Hausmädchen bei einem Ehepaar auf einer kleinen, nahezu menschenleeren Insel - und dann war sie plötzlich weg. Jugendliche Ausreißerin, Selbstmord oder ein Kriminalfall? Der seinerzeit unerfahrene Poliz

Schatten der Vergangenheit

 Der finnische Autor Arttu Tuominen, der eigentlich in seinem Brotberuf Ingenieur ist, war für mich eine echte Entdeckung. Seine Romane um eine Ermittlereinheit in der finnischen Stadt Poru knüpft an beste skandinavische Krimi-Traditionen an, verbindet den kritischen Blick auf die Gesellschaft mit Spannung und komplexen Charakteren und sind zudem gut geschrieben. Der jüngste Band, "Was wir nie verzeihen", bildet hier keine Ausnahme. Diesmal geht es nicht nur um die privaten Nöte der bereits bekannten Ermittler mit zahlreichen Ecken und Kanten, sondern auch um die Aufarbeitung eines schwierigen Kapitels finnischer Vergangenheit. Die Beamten von Poru ermitteln zu einem Überfall auf den greisen Bewohner eines Altenheims. Der Mann ist deutlich über 90 Jahre alt, ein netter alter Herr. Wenig später wird ein anderer Greis entführt und ermordet. Gibt es eine Verbindung? Der Leser weiß hier bald mehr als die Ermittler, denn in einer anderen Erzähl- und Zeitebene geht es in die Zeit d