Die vermisste Schwester

 Nachdem ich vor kurzem "Blutrot", den zweiten Band der isländischen Autorin Lilja Sigurdadottir über die Finanzermittlerin Arora auf der Suche nach der Leiche ihrer Schwester gelesen hatte, war meine Neugier geweckt: Wie hatte sich das alles entwickelt. Darauf gibt mir "Höllenkalt", der erste Band, der bereits im vergangenen Jahr erschien, die Antwort. 

Das Buch ist auch gut, um die komplexen Familienbeziehungen und gerade das Verhältnis der Schwestern untereinander zu verstehen und auch ein besseres Bild von Arora zu gewinnen. Die Triologie - ich bin schon jetzt gespannt auf den dritten Band! - in der richtigen Reihenfolge zu lesen, ist auf jeden Fall ratsam.

Arora ist eher widerwillig und auf Druck ihrer Mutter nach Island gereist, um dort nach dem Verbleib ihrer Schwester Isafold zu forschen. Arora wurde von ihrem verstorbenen isländischen Vater zwar als das "Trollmädchen" bezeichnet, weil bei ihr die Wikingergene durchkamen, doch eigentlich identifiziert sie sich vor allem mit der englischen Herkunft ihrer Mutter, spricht isländisch mit unüberhörbarem Akzent, während die ältere Schwester Island als ihr wahres Zuhause sah. 

Dass die Schwester in einer toxischen Beziehung steckte, war Arora schon lange klar. Die Ausreden über Stürze und Unfälle im Haushalt waren nicht mit den blauen Flecken und dem gebrochenen Kiefer plausibel zu machen und der Frust über Isafolds Entscheidung, immer wieder zu ihrem Freund zurückzukehren und alle Hilfsangebote auszuschlagen, hat das Verhältnis der Schwestern belastet. 

Bei ihren Nachforschungen stößt Arora auf Widersprüche - warum hat Isafold plötzlich den Kontakt zur Mutter abgebrochen und auch nicht mehr auf Facebook gepostet? Hat sie Björn wirklich verlassen, wie dieser behauptet? Sigurdadottir spart auch nicht mit weiteren Verdächtigen - was hat es mit dem psychisch kranken Nachbarn auf sich, der regelrecht besessen von Isafold war?

Fragen, die ich mir beim Lesen von "Blutrot" stellte, werden hier beantwortet, ohne dass ich das Gefühl hatte, durch Band zwei zu sehr gespoilert zu sein. Auch die Beziehung Aroras zu dem Polizisten Daniel, die in "Blutrot" eine Rolle spielt, hat hier ihre Vorgeschichte.  Sigurdadottir schafft es wie schon bei ihrer früheren Triologie, ihre Figuren von Band zu Band komplexer zu machen. Für mich ist schon jetzt klar, dass ich den dritten Band der Triologie keinesfalls vermissen darf.

Lilja Sigurdadottir, Höllenkalt

Dumont 2023

368 Seiten, 13 Euro

9783832166892

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