Fehltritt - Auftakt der Doggerland-Serie um Ermittlerin in der Midlife-Krise
Das ist ganz
zweifellos nicht Karen Hornbys Tag. Verkatert in einem Hotelzimmer
aufzuwachen, offenbar nach einem One Night Stand mit einem Mann, der
obendrein ihr Chef ist. Doch während die Kommissarin ihre Sachen
zusammenklaubt und dem "walk of shame" nach Hause zustrebt
- wo sie ausgerechnet noch in eine Kontrolle von Kollegen gerät -
ahnt sie nicht, dass es noch schlimmer kommen kann an diesem
Wochenende.
Mit einem lädierten Magen zu einem Mordschauplatz
gerufen zu werden, ist schon mal nicht schön. Handelt es sich bei
dem übel zugerichteten Mordopfer obendrein um die Ex-Frau besagten
Chefs, kann es wohl kaum schlimmer kommen.
Ein ziemlich
furioser Auftakt für eine neue Reihe der schweidischen Autorin über
eine – buchstäblich – durch ihre Midlife-Krise schwankende
Ermittlerin. Mit der Inselgruppe Doggerland hat sie einen fiktiven
Schauplatz gewählt, nämlich eine einst im Meer versunkene
Inselgruppe zwischen Skandinavien und den Britischen Inseln. Im Roman
natürlich liegen diese Inseln nicht unter dem Meeresspiegel, sondern
vereinen britische und skandinavische Elemente – Karen Hornby hat
in London studiert und gelebt, ihre beste Freundin ist Dänin, andere
Personen haben Wurzeln in Schweden.
Für mich stellte
sich da gleich die Frage, in welche Krimi-Tradition Adolfsohn da wohl
eintauchen wollte – schwedische Gesellschaftskritik a la Stieg
Larssen, oder eher der klassische angelsächsische Whodunnit? Im
Großen und Ganzen werden ganz traditionell Puzzlestücke und
Indizien zusammengesetzt, der Leser rätselt mit der Kommissarin,
erhält Hinweise und Verdachtsmomente, die dann aber auch wieder
verworfen werden können.
Ein Reiz von
Doggerland sind die zwei Zeitebenen, auf denen die Handlung spielt.
Denn um den Fall lösen zu können, muss Karen Hornby in die
Vergangenheit des Mordopfers eintauchen, das einst in einer Kommune
lebte. Ein Kult möglicherweise? Wer waren die Menschen, die sich
damals auf der doch eher konservativen Insel niederließen? Welche
Rolle spielen womöglich Grundstückgeschäfte auf den Inseln, in die
die wohlhabende Familie von Hornbys Chef verwickelt war?
Die Zusammenarbeit
mit dem von den Ermittlungen ausgeschlossenen und reichlich
unkooperativen Mann wird zudem dadurch erschwert, dass Hornby sich
notgedrungen um die Tochter des Chefs kümmert, einen rebellischen
und verletzlichenTeenager. Die junge Frau weckt in Hornby zudem
Erinnerungen an ihr eigenes großes Lebenstrauma.
Hartnäckig und zum
Teil in gefährlichen Alleingängen sucht Karen Hornby nach der
Wahrheit, muss sich zudem mit Machtspielchen und Konkurrenzdenken
einiger ihrer männlichen Kollegen auseinandersetzen. Ein
buchstäblich stürmisches und dramatisches Finale lässt die
Puzzlestücke erst ganz zum Schluss zusammenfallen. Wie heißt es
doch so schön: Um die Gegenwart zu verstehen, musst Du die
Vergangenheit kennen. Das gilt auch für den ersten Fall der
Doggerland-Reihe.
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