Rockerkriege und Neonazis - ein Schwedenkrimi in "besten Kreisen"
Mit “In den besten
Kreisen” hat Mats Olsson einen Schwedenkrimi in der besten
Tradition von Kriminalliteratur mit aktuellen
gesellschaftspolitischen Bezügen geschrieben. Merke: Es gibt nicht
nur Stieg Larssen und die “Millenium” Reihe. Auch Olsson ist
Journalist, und auch sein Erzähler Harry Svensson hat lange als
investigativer Journalist gearbeitet. Den Jagdinstinkt nach einer
guten Story verspürt er immer noch, auch wenn er mittlerweile eine
Kneipe besitzt und dem stressigen Medienalltag den Rücken gekehrt
hat.
So völlig
stressfrei läuft es dann aber doch nicht, als erst ein
verschrecktes, traumatisch verstummtes Mädchen mitten in der Nacht
vor Harrys Tür steht, offenbar verfolgt von zwei Männern. Die
Kleine will nicht reden, und Svensson weiß keinen anderen Rat, als
das Mädchen bei seinem alten Kumpel Arne unterzubringen und erst
einmal zu recherchieren.
Auch wenn der
Ex-Reporter lange Zeit nicht durchblickt, stößt er in der
schwedischen Provinz auf ein paar Merkwürdigkeiten. Was wollen die
Motorradrocker, die in letzter Zeit gehäuft in der Gegend
auftauchen? Warum hat das Mädchen panische Angst vor einem SUV mit
russischem Kennzeichen, der einem Geschäftsmann aus einflussreicher
Familie gehört? Und in welche schmutzigen Geschäfte und politischen
Kreise ist diese Familie verflochten?
Die schöne, aber
offenbar nicht besonders glückliche Unternehmersgattin Agneta könnte
mehr wissen, doch bald ist nicht mehr klar, wer hier wen auszunutzen
versucht und für Informationen nutzt. Je weiter Harry in die
Verstrickungen der besten Kreise vordringt, zwischen
Drogengeschäften, Geldwäsche und Neonazi-Aktivitäten, desto
brenzliger wird es. Wie gut, dass er ein Netzwerk inoffizieller
Helfer hat, angefangen mit dem litauischen Kleinunternehmer Andrius,
der befreundeten Polizistin Eva, einem ehemaligen Nachrichtenchef und
einer lesbischen Fischerin.
Eingewoben in die
Handlung sind kleine Insidersticheleien und -betrachtungen zur Lage
der Medien, die auch in Schweden unter dem Druck möglichst
kostenloser Online-Angebote stehen, wo die Ansprüche sinken und sich
mancher resigniert zurückzieht. Wenn Olsson an einer Stelle über
Harrys Unbehagen in einer verlassenen, kalten und trostlosen Halle
schreibt. “Es könnte eine Zeitungsredaktion sein”, dann sagt
dieser Satz viel über das Zeitzungssterben und den Schwanengesang
auf eine Branche, die nicht zuletzt in Schweden lange aufklärerische
Ansprüche hatte und nun auf verlorenem Posten gegen Platitüden und
schlecht recherchierten Journalismus kämpfen muss. Insofern ist es
nicht die schlechteste Alternative, Romanschriftsteller zu werden.
Mats Olsson, in den
besten Kreisen
btb-Verlag, München
2018
446 Seiten, 10 Euro
978-3-442-71558-9
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