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Showing posts from December, 2022

Bewährungsprobe und Trauma im syrischen Bürgerkrieg

 Iben  Albinus ist eigentlich eine erfolgreiche Drehbuchautorin, und das merkt man ihrem Debütroman "Damaskus" angesichts seines hohe Erzähltempos, Cliffhanger-Momenten und dramatischen Twists an. Ich würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn das Buch um eine Menschenrechtsaktivistin im beginnenden syrischen Bürgerkrieg zeitnah auch verfilmt wird - nicht nur wegen der sowohl spannenden als auch weiterhin aktuellen Handlung, sondern auch wegen einer athmosphärisch dichten, "visuellen" Erzählweise. Worum geht es? Sigrid Melin, die einst im Irakkrieg für eine dänische Zeitung im Nahen Osten war und aus dieser Zeit noch eine posttraumatische Störung mit sich herumschleppt, hat mit einem Temperamentsausbruch vor laufender Kamera ihre Karriere als Pressesprecherin von Amnesty International vergeigt. Da kommt das Angebot eines alten Studienfreundes durchaus passend: Sigrid soll für einen Telekommunikationskonzern nach Damaskus gehen, gewissermaßen als gutes Gesicht des Kap

Locked Room-Szenario in der Eiswüste

 Der Finnland-Krimi "Die Kälte der Wahrheit" von Leena Lehtolainen lässt mich mich zwiespältigen Gefühlen zurück. Einerseits gefällt mir die Beschreibung der Landschaft im hohen Norden Finnlands, die Tatsache, dass in der großen Weite gleichwohl ein Plot wartet, der an ein Locked Room-Szenario erinnert. Ein Plot, der zudem spannend ist und für einige Wendungen und Überraschungen sorgt, dabei den Spannungsbogen gekonnt hält. Die Beschreibung eines kleinen aber ultrafeinen Luxushotels mit innovativer Architektur und großer Geheimhaltung liefert ein reizvolles Szenario, und obendrein gibt es Verstrickungen zu russischen Kreisen, wo Legales und Illegales gleitend ineinander übergehen. So weit das Positive. Allerdings hat die Autorin mit der Figur der Leibwächterin Hilja wirklich übertrieben. Ich habe es ja schon wiederholt in anderen Postings geschrieben: Ich kann mich einfach nicht dafür erwärmen, wenn die Hauptfigur die Mutter (oder der Vater) aller Schmerzen ist, vom Schicksal

Spurensuche auf Bornholm

 Die Romane von Katrine Engberg gehören zu den Büchern, die man als Freund gut geschriebener skandieinen navischer Krimikost eigentlich unbesehen kaufen kann: Athmosphärisch dicht, nordisch-klar und mitunter unterkühlt, gut beobachtend, mit schlüssigen und komplexen Figuren. Zudem steht mit dem Ermittlerduo Annetter Werner und Jeppe Korner ein glaubwürdiges und überzeugende Paar Protagonisten bereit, das seit dem ersten Band der Serie eine Entwicklung durchlaufen konnte und alles andere als statisch ist. So auch in "Wintersonne", dem neuen Band der Kopenhagen-Serie, die gleich zwei Besonderheiten aufweist. Denn zum einen spielt der größte Teil der Handlungen auf Bornholm. Zum anderen ermittelt Annette Werner erstmals alleine. Jeppe Korner hat nach dem Abbruch der komplizierten Beziehung zu seiner Kollegin Sara - die er gleichwohl noch liebt - eine Auszeit genommen. Weg aus Kopenhagen, weg vom Polizistenleben. Er arbeitet vorübergehend als Holzfäller - ausgerechnet auf Bornhol

Alltägliche Abgründe und fragwürdige Freundschaften

 Es ist Silvester, und fast alles wie immer bei den befreundeten Ehepaaren Lollo und Max, Frederik und Nina. Wie jedes Jahr verbringen sie die letzte Nacht des Jahres zusammen, auch wenn sie sich im Grunde auseinandergelebt haben und nicht mehr viel zu sagen haben. Doch insbesondere die jahrzehntelange Freundschaft der Frauen, Lollo, Nina und Malena scheint der Kitt zu sein, der zumindest zweimal im Jahr das Grüppchen zusammenhält, Silvester eben und Mittsommernacht. Das ist der Ausgangspunkt von Malin Stehns Psychothriller "Happy New Year" Diesmal allerdings verlässt Nina ihr Zuhause mit gemischten Gefühlen, denn die großem Töchter feiern dort erstmal alleine eine Party, und Nina traut Lollos Tochter Jennifer nicht so recht über den Weg, die schon immer das Risiko liebte und das eigene Kind, wie sie fand, auf falsche Gedanken brachte.   Die Silvesterparty im Haus des wohlhabenden Immobilienmaklers Max und seiner statusbewussten Frau Lollo ist für Fredrik nur mit viel Alkohol

Psychokrimi um viele Geheimnisse

 Der Anruf seines Kollegen und Arbeitspartners hätte für den finnischen Polizisten Henrik Oksmann zu gar keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können: Auf einen Nachtklub, der auch Treffpunkt der queeren Szene der Stadt Pori ist, ist ein Bombenanschlag verübt worden. Es gibt fünf Tote. Was Oksmann vor seinen Kollegen um jeden Preis verheimlichen will: Er war selbst in dem Klub, in Frauenkleidern, und er hat ihn offenbar nur kurz vor der Tat mit einem anderen Mann verlassen.  Mit dem Titel "Was wir verbergen" hat der finnische Autor Arttu Tuominen bereits das Leitmotiv gewählt. Unter der Oberfläche brodelt hier so manches Geheimnis, nicht nur Oksmanns Homosexualität. Fast alle Proagonisten haben etwas zu verbergen, sind gezeichnet von einer Vergangenheit voller Konflikte. Im Vorgängerband "Was wir verschweigen", war Oksmann noch ziemlich unsympathisch gezeichnet, ein Einzelgänger, dessen Verhalten an Zwangsstörungen erinnert und der seinem Kollegen Jari Paloviita, der