Tod einer Saxofonistin

 Ex-Journalistin Agnes Tveit ist seit ihrem  ersten Auftritt in Randi Fuglehaugs "Todesfall" unter die Buchautorinnen gegangen. Die dramatischen Erlebnisse um das Sportfest in ihrer westnorwegischen Heimatstadt Voss hat sie zu einem True Crime-Buch verarbeitet, nun soll sie  eine Biografie über die ebenfalls aus Voss stammende Saxofonistin Marta Tverberg schreiben. Zu der exzentrischen Jazzerin hat sie ein ambivalentes Verhältnis: Sie bewundert die Lebensleistung der Frau,  kann sich mit ihrer oft barschen und arroganten Art nicht anfreunden. Doch dann stirbt Marta während des Voss Jazz Festival nach einer Wutrede  gegen Jugendkult und Männerbünde in der Musikindustrie während ihres Auftritts. Ist damit auch die Biografie gestorben?

Die Tatsache, dass auch ein anwesender Medizinstudent nach seinen Wiederbelebungsmaßnahmen und Mund-zu-Mund-Beatmung zusammenbricht und wenig später stirbt, nährt die Vermutung, dass hier nicht etwa ein plötzlicher Herztod eintrat. Tveits Verlag frohlockt: Ein True Crime würde sich ja schon besser verkaufen....

Agnes beginnt auf eigene Faust zu recherchieren, bekommt von ihrem Jugendfreund Viktor, praktischerweise bei der örtlichen Polizei, ein paar exklusive Hinweise. Da Voss ein kleiner Ort ist und die Musikszene überschaubar, trifft Agnes bei ihren Ermittlungen immer wieder auf Menschen, die sie aus der eigenen Jugend kennt, oder mit denen ihre Eltern aufgewachsen sind. Das macht es sowohl einfacher als auch komplizierter, die Wahrheit herauszufinden.

Die Autorin führt ihre Leser dabei immer wieder auf falsche Fährten, die zunächst schlüssig erscheinen und spart nicht an Verdächtigen und Motiven. Die Schilderung der Kleinstadt am Gletscher, die Osterrituale auf der Skihütte, das - mal abgesehen von Morden - beschauliche Miteinander haben mir gut gefallen. 

Wie bereits im ersten Buch ist Agnes Tveit ein Charakter, mit dem ich nicht wirklich warm werde. Dass sie sich nie entscheiden kann, welchen Mann sie nun eigentlich will und mit wem sie doch nicht kann, ist für eine Frau ihres Alters ein wenig irritierend.  Ihre Angewohnheit, sich wiederholt in Lebensgefahr zu bringen, ohne zumindest ein Backup zu haben, soll vielleicht die Spannung steigern, hat bei mir aber eher die Wirkung, der Figur jegliche Lernfähigkeit und Einsicht in eigene Fehler abzusprechen. 

Die Auflösung des Plots ist nach allerlei Hakenschlagen mit wieder entlasteten Verdächtigen für den Leser nicht mehr ganz so überraschend wie für Agnes. Ein weiterer Band der Serie  und noch mehr amouröse Verwicklungen stehen zum Ende des Buches ebenfalls in Aussicht. Für mich ist "Todesschlag" eines der Bücher, die mich mit einem "sowohl, als auch" Gefühl zurücklassen. Vieles fand ich gelungen, anderes stieß zumindest bei mir auf wenig Gegenliebe. Agnes Tveit habe ich auch weiterhin nicht ins Herz geschlossen,  auf Voss werde ich mich auch im nächsten Band freuen.


Randi Fuglehaug, Todesschlag

Fischer Taschenbuch 2023

384 Seiten, 17 Euro

978-3-596-70557-3

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