"Nachtschwalbe" flattert lange Zeit eher müde

Hass auf Immigranten, Entwurzelung, Polizisten mit Rechtsdrall und eine von Zweifeln und privaten Problemen geplagte Ermittlerin - so weit, so Schwedenkrimi. Doch Kjell Erikssons "Nachtschwalbe" braucht trotz dieses eigentlich vielversprechenden Mix´ lange, um auf Touren zu kommen, Dabei besteht eigentlich eine spannungsgeladene Ausgangssituation:

In Uppsala brodelt es, Fensterscheiben gehen zu Bruch, als sich der Frust jugendlicher "neuer Schweden" in Gewalt entlädt. In einem ausgebrannten Geschäft wird die Leiche eines 16-Jährigen gefunden. Eifersüchteleien zwischen Jugendlichen, ein Hassverbrechen oder ein Zufallsopfer? Kriminalkomissarin Ann Lindell weiß zunächst nicht einmal, wer das Opfer eigentlich ist.

Ali, ein 15 Jahre alter gebürtiger Iraner, fürchtet, dass sein Cousin hinter der Tat steckt. Doch wie soll er sich nun verhalten? Der Junge, ohnehin in einem schwierigen Alter, weiß nicht, wem er sich anvertrauen kann und versucht auf eigene Faust, mehr heraus zu finden. Zur Polizei hat er kein Vertrauen. Für die Beamten, so hat er es erfahren, sind Einwanderer zunächst einmal eher selbst suspekt.

Gefallen hat mir an "Nachtschwalbe", dass Eriksson mit Ali und seiner Familie einer Gruppe von Immigranten einen zentralen Teil im Plot und als Handlungspersonen einräumt, statt wie so viele andere nur ÜBER sie zu schreiben und stellenweise an ein soziologisches Hauptseminar zu erinnern. Mit dem kritischen Blick auf gesellschaftliche Tendenzen bleibt er der Tradition klassischer Schwedenkrimis treu.

Allerdings braucht die Geschichte dank mehrerer Erzählfäden doch sehr lange, um in Gang zu kommen - und bis dahin hat sich schon einiges verheddert. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen. Der Thailand-Urlaub des Ex-Lovers von Lidell, der auch der Vater ihres Kindes ist - eigentlich völlig überflüssig. Andererseits sind auch Nebenfiguren liebevoll gezeichnet, wie Alis Großvater und ein älteres schwedisches Ehepaar, dass zwischen Misstrauen von Fremden und dem Erkennen einer verwandten Seele eine Entwicklung durchläuft.

Insgesamt ein ziemlich gemischtes Resümee - hier hätte einiges gestrafft werden können zugunsten der Kernhandlung, die am Ende in ziemlichem Hopplahopp-Tempo ins Finale steuert.


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