Entführung auf dem Balkan - "Nächte des Zorns"

Eigentlich ist Amanda Lund, Unterhändlerin der schwedischen Polizei und Mitglied eines Sondereinsatzkommandos, nach ihrer Rückkehr aus der Mutterschutzzeit, noch nicht wieder zurück auf ihrem alten Fitnesslevel. . Doch dann hat die alleinerziehende Mutter von Zwillingen keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, ob sie wirklich schon wieder einsatzfähig ist: Im Kosovo ist ein schwedischer Polizist entführt worden. Amanda Lund hat gerade genug Zeit, einen Babysitter zu organisieren, dann geht es zurück auf den Balkan, den sie von einer früheren Mission gut kennt. Es geht schließlich um einen Kollegen.

Mit ihrem zweiten Buch "Nächte des Zorns" stellt die schwedische Autorin Anna Tell erneut Unterhändlerin Amanda Lund in den Mittelpunkt eines spannenden Kriminalthrillers, bei dem Polizeiarbeit , Korruption und ein Fall von persönlicher Rache verwoben werden. 

Der Einsatz erweist sich als kompliziert - in Schweden verschwindet die Ehefrau des Entführten, in Pristina dagegen ist der Vorgesetzte des Beamten merkwürdig unkooperativ und hat, wie sich schnell herausstellt, reichlich Dreck am Stecken. Hat die Drogenmafia mit dem Fall zu tun - und warum wurde eine Kamera im Garten des Entführten versteckt? Bei ihren Ermittlungen erhäkt Lund unerwartete Unterstützung von einer ehemaligen Polizistin, die als Angestellte eines dubiosen Sicherheitsexperten erkennt, dass ihr jüngster Auftrag erhebliche Konsequenzen haben könnte. Der Ermittlungsspagat zwischen Balkan und Schweden droht zu einem Wettlauf gegen die Zeit zu werden.

Anna Tell ist selbst Kriminalkommissarin, war auf Auslandsmissionen im Einsatz. Sie weiß, wovon sie schreibt - das merkt man ihrem Buch  wie schon ihrem Erstling "vier Tage in Kabul" angenehm an. Auch wenn die Arbeit eines Sondereinsatzkommandos seine Mitglieder noch einmal vor andere Herausforderungen stellt als der ganz normale Polizeidienst - Amanda Lund und ihre Kollegen sind keine unglaubwürdigen Superhelden. Amanda ist tough, doch selbst dort, wo sie einen Alleingang in dienstlicher Grauzone hinlegt, bleibt sie immer noch glaubwürdig, unterscheidet sich wohltuend von manchen Phantasiedetektivinnen (oder -detektiven) , die völlig unrealistisch bleiben. Daneben kommt auch das Menschlich-Zwischenmenschliche nicht zu kurz, um den Figuren ein Leben jenseits der Ermittlungsarbeit zu geben. Es bleibt spannend, wie es wohl für Amanda Lund weiter geht.

Anna Tell, Nächte des Zorns
Rowohlt Polaris, 2019
ca 350 Seiten, 16 Euro
ISBN 978-3-499-27385-8

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